Auf Kalypsos Insel
Im April 2008 habe ich nach langer Suche und einigen Absagen eine feine, für die „Fluss“-Bilder buchstäblich maßgeschneiderte Galerie in Klosterneuburg gefunden. Mein drittes Kind war gerade vier Monate alt, als ich vom Galeristen, außer der Zusage die Aufforderung erhielt, die Wände beider Stockwerke seiner Galerie mit meinen Bildern zu behängen.
So viele Bilder standen mir nicht zur Verfügung und die Vernissage sollte Ende Juni stattfinden! Ich nahm die Herausforderung an und beschloss, den „Fluss“ und ältere Werke an die weißen Wände des ersten Stocks der Galerie zu hängen und für die langen groben Kellerwände neue, großformatige Bilder zu schaffen. Ich hatte weniger als zwei Monate Zeit und machte mich sofort an die Arbeit.
So entstand der Zyklus, „Auf Kalypsos Insel“: Als Gegenstück zu den kleinformatigen, genau ausgearbeiteten „Fluss“- Bildern sind die 15 „Kalypso“ Bilder vergleichsweise schnell, spontan, meistens ohne Entwurf und mit großzügigen Bewegungen gezeichnet und gemalt worden (Tusche, Gouache).
Diese freiere Malweise empfand ich nach den sieben „Fluss-Jahren“ als wohltuend, und inhaltlich war mir der zweimonatige „Aufenthalt“ auf Kalypsos Insel nach der langen, teilweise düsteren Flussreise eine erleichternde, lustvolle Erfahrung, eine Hommage an die Sorglosigkeit. Inspiriert hat mich der 5. Gesang der Odyssee, in welchem Homer die paradiesisch schöne Insel Ogygia als Wohnstätte der „göttlichen“ Nymphe Kalypso und deren Dienerinnen, auch Nymphen, beschrieb. Auf Ogygia hielt die leidenschaftlich verliebte Halbgöttin den schiffbrüchigen Odysseus sieben Jahre fest und obwohl sie ihm Unsterblichkeit und ewige Jugend versprach, wenn er bei ihr bliebe, wollte Odysseus sie verlassen, um nach Ithaka zu seiner Frau Penelope zurückzukehren. Zeus, der Göttervater und seine weise (oder vernünftige?) Tochter Athene überzeugten Kalypso, ihn gehen zu lassen.